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Fr 10.08. Rif. Jervis -
Bombenvoll ist das Rifugio nicht nur gestern Nachmittag und gestern Abend gewesen, sondern auch heute früh. Verabschieden uns herzlich von Dorothea, die einen anderen Weg nimmt. Sie möchte einen Tag „gut machen“ um einen guten Ausgangspunkt für die Heimreise nach Berlin zu haben.
Schlagen gleich mal einen falschen Weg ein, das Navigationsgerät warnt mich rechtzeitig. Nach Osten ist richtig, etwas abwärts, Fahrpiste und Bach überquert, der Aufstieg beginnt. Eine Mulattiera windet sich nach oben, etliche Steige kürzen die langen Kehren ab.
Teilweise ist der Steig schon ganz schön zugewachsen, der Untergrund feucht, hier kann die Sonne erst spät wirken. 600 Höhenmeter das Finish, lange zieht sich die Militärstraße bis zum höchsten Punkt, den Colle Barant (2312). Den Botanischen Garten der rechts davon liegt, nehmen wir leider nicht so richtig war und umkehren tun wir auch nicht.
Was bin ich gespannt auf den Blick der sich auf eine neue Gebirgswelt auftut und ich bin überwältigt. Fast keine Wolke am Himmel, der Monviso mit seiner geballten Kraft ist endlich mal zu sehen. Die Tage zuvor war er steht`s verdeckt. Aber auch die umliegenden Gipfel brauchen sich nicht zu schämen, es ist das Gesamtbild das so begeistert.
Ein Rifugio steht hier oben, wir trinken eine Cola, ein paar Felsen laden zum Klettern ein. Es blüht gelb, rot und blau, kurz „eine Schau“. Ein bisschen steige ich noch weiter rauf, setze mich und schaue, zu den Bergen, dahin wo wir herkommen, raus ins Tal der Poebene. Eine Deutsche aus Wiesbaden arbeitet beim Rifugio Barant, sie ist hängengeblieben als sie den GTA gegangen ist. Der Rother Wanderführer schreibt; „wegen Wassermangel sei das Rifugio geschlossen“. Diese negative Mitteilung wirke sich natürlich nachteilig aus, erzählt sie. Entgegen unserer Gewohnheit bestellen wir eine Brotzeit, die Jause im Rucksack wird dann halt morgen verzehrt. Diese Italiener, belagern Tische und Bänke der Gaststätte mit der eigenen mitgebrachten Brotzeit und kaufen nicht mal Getränke. Als unsere Speisen gebracht werden, machen sie dann doch Platz.
Ein Wanderweg kürzt die weiten Kehren der Militärstraßen auch beim Abstieg. Weitläufig führt die Straße in großen Bögen in ein Tal. Schotter weicht später Teer, ein kurzer Gegenanstieg und wir stehen vor dem Rifugio Barbara Lowrie. Haben bald eine eigene Kammer und können uns wieder mal so richtig ausbreiten. Der Standort ist ein wahres Eldorado, ein Bach plätschert gemächlich dahin, gegenüber tollen Jugendliche herum, ein kleines Zeltlager ist aufgebaut, einige Menschen die es sich gemütlich machen. Wir tun es ihnen gleich. Bei einem Spaziergang ums Haus, begrüßt mich ein Pferd.
Die Atmosphäre beim Abendessen empfinden wir nicht so toll, der Raum ist uns etwas zu kalt, die Temperatur auch.
Sa 11.08. Rif. Lowrie -
Das Frühstücksangebot kann sich sehen lassen, mal wieder ein richtiges Brot, auch Quark und so etwas wie Cornflakes gibt es neben Marmelade und Honig. Die technischen Geräte eingeschaltet und los. Die Sonne wärmt schon, im Schatten ist die Luft noch kühl. Wieder mal gehen wir durch die verschiedenen Vegetationszonen, die Kiefern werden immer knorriger, je höher wir kommen, laufen auf Matten mit vielen Blumen und natürlich ab so 2000 Metern Höhe immer wieder auf Fels. Im Süden ziehen schon viele Wolken auf, über und hinter uns ist noch strahlend blauer Himmel, das Rifugio Barant liegt schon wieder weit hinter uns. Eine italienische Familie mit zwei Kindern und zwei Franzosen überholen uns.
Später noch mal zwei Männer, wie Fernwanderer sehen die alle nicht aus. Es wird spannend, nach ca. 600 Höhenmetern tut sich ein großer Kessel auf, der Übergang wird in noch weiter Ferne sichtbar, aber auch immer mehr Wolken die sich auftürmen.
Ich werde ungeduldig, von dem Pass da vorne müsste der Monviso in seiner vollen Pracht ganz nah zu sehen sein. Sage zu Christa das ich Gas gebe und am Pass (Colle della Gianna 2525) auf sie warten werde. Gefahrenstellen bis dort oben gibt es keine, also steht meinem Vorhaben nichts im Wege. Ich rase nicht, das habe ich mir abgewöhnt, mein flotter Schritt bringt mich nicht aus der Puste. So eine halbe Stunde ungefähr brauche ich und sehe gerade noch, wie sich der Vorhang zuzieht und weg ist er, der Berg. Nur selten tun sich kleine Löcher auf, ist halt so.
Links von mir führt ein Steiglein hoch, dort oben werde ich Pause machen, so direkt am Übergang mag ich nicht bleiben. Christa ist zwar nicht gerade freudig darüber, kommt aber dann doch. Der Platz ist toll, eine gute Übersicht, wir essen, sehen den Wolken zu wie sie von Südwesten kommend, an den Berghängen hochsteigen. Die andere Bergseite bescheint nach wie vor die Sonne.
Beim Abstieg in die Scharte spüren wir den kalten Wind, schnell ziehen wir unseren Jacken an und tauchen bald darauf im Nebel unter. Kühe haben mehrere Wege „angelegt“, nur schwer ist der für uns richtige zu finden. Weiter im Tal wird die Sicht nach und nach besser, der Monviso bleibt aber versteckt. Eine Straße überquert, beim Blick hinunter ist Pian Melze zu sehen, viele Autos und viele Wohnwägen und Zelte. Es wimmelt von Menschen.
Checken im Locanda Regina ein (Baita della Polenta – oder Polentagräfin) und freuen uns über ein schmuckes Zimmer mit 4 Betten. Cappuccino und ein Eis am Nachmittag, kaufen je ein Lavendelsäckchen zwecks besseren Duft für unsere Rucksäcke. Super Abendessen mit exzellenter Polenta, dann noch ein paar Meter spazieren in der Abenddämmerung. Die Spitzen der Berge liegen frei. Ein schöner Ausklang dieses Tages.
So 12.08. Pian Melze -
Kommen erst um 09:00 Uhr los, das Frühstück gab es erst am 08:00 Uhr. Irgendwie bin ich genervt, die Hose zwickt, das „Wimmerl“ sitzt zu locker, ist der Rucksack richtig gepackt? Bei der Poquelle gibt es frisches Wasser, bis dahin schleppen wir keine Getränke. Endlich unterwegs, strahlender Sonnenschein, die Berge gut sichtbar, die Stimmung steigt bei jedem Schritt. Bald merke ich, das Navigationsgerät ist anders programmiert, will uns nach links lenken. Wäre vielleicht etwas kürzer, wir wollen aber zur Quelle, wenn wir schon einmal hier sind!
Die Kapelle im Convento Pian della Regina besucht, der geschnitzte Christus begeistert uns, dann weiter in Richtung der Steilstufe, auf der in der Nähe des Albergo Pian del Re eine weitere Kapelle thront. Der große Parkplatz ist schon voller Autos, deren Besitzer unterwegs zur Quelle, die auch wir bald erreichen. Unter großen Felsblöcken plätschert ein kleiner Bach hervor, der Po. Wir sind überrascht, gleich soviel Wasser zu sehen, es kommt wohl unterirdisch aus dem Blockgestein des Hanges dahinter. Das ganze liegt auf ca. 2280 Metern.
Unsere Getränkeflaschen und -
Dann wird der Steig etwas alpiner, über Steilstufen erreichen wir das nächste Highlite, den türkisgrünen Lago Chiaretto. Wir steigen im Halbrund um den See durch ein Steinkar und gewinnen rasch an Höhe.
Es ist kalt geworden, umziehen. Viele rot-
Gut eingepackt machen wir uns über unsere Brotzeit her, bevor es wieder hinunter geht. Besichtigen die Kapelle beim Rifugio, gehen daran vorbei, steigen ab zum Lago della Pellegrina an dessen Rand die Route sich östlich um einen Bergrücken windet und später in das Hochtal des Rio dell`Alpetto führt. Blumen überall, wieder überkommt mich ein Hochgefühl, diesen landschaftlichen Genuss erleben zu dürfen. Tosende Wasser begleiten uns zu einem Sattel, unter diesem leuchtet das Wasser des Lago di Alpetto herauf. Noch eine Querung, dann ist das gleichnamige Rifugio erreicht. Dieses uralte aber gut renovierte Haus gefällt uns sofort. Das 4 Bett-
Cornelia hat sich bei einem Sturz an der Hand verletzt, eine kleine offene Wunde mit Arnika behandelt, die Schwere der Verletzung ist zu diesem Zeitpunkt nicht zu erkennen.Später als sie mit ihrer Kameradin Monika zum Abendessen kommt, wirken beide sehr deprimiert und etwas „zwider“. Ein dicker Verband lässt schlimmeres ahnen. Dann kommt es raus, „ob wir nicht die Betten tauschen könnten“, fragen sie vorsichtig, „ich getrau mich nicht in das Stockbett hinauf“. Für uns überhaupt kein Thema, natürlich machen wir ein ebenerdiges Bett für Cornelia frei.
Mo 13.08. Rif. Alpetto -
Die Physiotherapeutin Cornelia entschuldigt sich bei uns, sie wäre gestern etwas „garstig“ gewesen meint sie. Wegen der Hand, die vermutlich gebrochen ist, steigen sie ab und fahren nach Hause. Sie wohnt schon seit 15 Jahren in Turin und hat eine eigene Praxis, „aber die -
Die Morgensonne leuchtet in den Raum, in luftiger Kleidung ziehen wir los. Erst auf den Hügel vor dem Rifugio, die ganze Bergkette leuchtet, unter dem Monviso die Hütte. Von Westen her aber verdunkelt sich der Himmel. Nach ca. 45 Minuten Marsch und Aufstieg sind die ersten Regentropfen zu spüren. Vorsichtshalber wird der Rucksack geschützt und der Poncho übergeworfen. Die „Schwaben“ kommen gerade bei uns an, er meint; „wegen den paar Tropfen schon Umziehen“? Sie folgt unserem Beispiel, er zückt lediglich den Regenschirm.
Aber, es sollte sich einregnen, die Hoffnung auf Besserung erfüllt sich nicht. Weiter oben (2700) zieht es und es wird kalt. Christa verflucht die Ponchos und trauert ihrer Regenjacke nach. Der Nachteil unserer Ponchos, sie haben keine Ärmel, die nackten Arme werden kalt, oder der Pulli nass. So verkürzen wir die Wanderstöcke, um mit diesen unter der Hülle hantieren zu können. Die Regenhose hatten wir leider auch nicht angezogen. Die wasserdichte Kamera liegt natürlich gut verstaut im Rucksack. Ein Platz zum Umziehen oder gar Pause machen? Fehlanzeige! Trotz der Widrigkeiten bin ich begeistert von der wilden Landschaft, wie wäre das erst bei Sonnenschein? Nach 400 Metern Aufstieg ist der Passo Gallarino (2727) erreicht, von dort quert man auf fast ebener Strecke bis zum Passo Chiaffredo (2764).
Ich hoffe im Bivacco Bertoglio Pause machen zu können, es steht leider zu weit abseits vom Wege und wohl so an die 150 Meter weit oben. Unzählige Steinmännchen sind zwischen dem Lago Lungo und dem Lago Berlin aufgetürmt, sie geben dieser Mondlandschaft ein eigenes Leben. Ein überhängender hoher Felsblock; den nützen wir. Regenhosen an, Pullis gegen die Kälte, Handschuh und Stirnband hatten wir schon an, etwas essen und trinken. Runter mit uns, Bewegung wärmt, aber Vorsicht die Steine sind nass und rutschig. Eine wilde Gegend, Kunststück, wir sind im Hochgebirge.
Kaum ist das grobe Blockwerk überwunden, rutscht Christa aus.
Hüfte und Arm/Hand versuchen zu stützen, schaffen es aber nicht. Bange Minuten vergehen, ist alles heil geblieben? Ja, gebrochen ist scheinbar nichts, eine gröbere Verstauchung kann erst später festgestellt werden. So schnell kann es gehen, Gott sei Dank steht einem Abstieg nichts im Wege. Trotz des Wetters kommen doch immer wieder Leute entgegen.
Es wird grüner, Wald taucht auf, der Himmel lichtet sich, der Regen lässt nach und hört schließlich ganz auf. Im Wald ein Platz gesucht, es wird höchste Zeit Pause zu machen. Tut das gut, nach 5 Stunden gehen mal zu sitzen. Die knorrigen Bäume um uns herum haben wohl so manchen Sturm schon erlebt.
Nach einer weiteren halben Stunde heizt uns die Sonne ein, die Regenklamotten können wieder runter. Eine Übernachtung im Rifugio Bagnour war nicht möglich, ausgebucht, so reservierten die Wirtsleute im Rifugio Aleve für uns. Zwar eine Stunde weiter, aber auf der Strecke gelegen. Zwei Wanderer stehen am Wegkreuz Meyer, die Schilder sind mit ihren Kleidungsstücken bedeckt. Unsere Route weicht hier von der ursprünglichen ab, wir suchen den Steig ins Vallone di Vallanta. Die beiden merken schnell, was uns „im Wege“ ist und „befreien“ die Schilder mit etlichen „Sorry, Sorry.
Der Steig wechselt in einen Weg, der die letzten 300 Meter unangenehm steil ist. Noch etwas auf Teerstraßen dahin, das Rifugio mit nagelneuem Lager für 6 Personen ist erreicht.
Cappuccino auf der Terrasse, hinter uns deutsche Stimmen. Als sich die Leute entfernen, ruft Christa „auf Wiedersehen“ hinterher. Er, guckt ganz verdutzt und kommt zu uns rüber. Wir erfahren, er ist in diesem Tal geboren, wohnt schon lange in München und kommt regelmäßig in seine alte Heimat zurück. So nach 10 Minuten kommt seine Frau, die sich wunderte wo er geblieben ist.
Wieder so eine Erfahrung, spricht man die Leute nicht an, wird man nicht selber aktiv, erfährt man auch nichts. Und gerade das lieben wir an unseren Fußreisen so. Es gibt heute Polenta mit Würstel, ähnlich wie gestern.
Di 14.08. Rif. Aleve -
Der Franzose der mit uns das Zimmer teilt, schläft ein bisschen länger, das hatte er schon am Abend mitgeteilt. Unverständlich für uns war, warum die nagelneuen Betten bei jeder Bewegung geknarrt haben. Man getraute sich kaum umzudrehen.
Ein sehr hart gekochtes Frühstücksei wird uns angeboten, nehmen wir, hatten wir lange nicht mehr. Viertel vor Acht kommen wir weg, runter ins Dorf Castello am gleichnamigen See. Sehr Schmuck der Ort, fotografieren eine Frau beim Handarbeiten, eine Katze sieht ihr dabei interessiert zu. Über die Staumauer erreichen wir einen gemütlichen Uferweg rüber nach St. Maddalena. Dort ist Markt, Christa hat vor sich einen Pulli zu kaufen, die Kälte auf dem Pass gestern wirkt noch nach. Und sie findet einen, weiß und ein bisschen zu klein – finde ich.
Sie meint nur einen anderen habe sie nicht gefunden, dafür sei er leicht.
Es ist schön dem Treiben zuzusehen, weniger, sich mit den Rucksäcken durch das Gewusel zu zwängen.
Raus und den Aufstieg gesucht und in der Nähe des Campingplatzes gefunden. Erst einen Bachgraben entlang hoch, dringen wir später in Wald ein. Bis zu einer Kuppe kurz vor der Coletto Battagliola (2282), kommen wir arg ins schwitzen, dieser Steig ist sehr steil. Ein kurzes Tröpfeln ignorieren wir, begeistern uns an wogendem Wollgras und sind schließlich oben. Einige sitzen auf dem breiten Kamm und lassen es sich gut gehen. Das können wir auch, im Windschatten ein Plätzchen gesucht und die guten Sachen ausgepackt.
Gestern schon haben wir entschieden, bis nach Chiesa/Bellino zu gehen und diese Route nach Sambuco zu nehmen. Eine andere verläuft über Chiazale, Campo Base, Chialvetta und Pontebernardo nach Sambuco. Welche schöner ist? Welche länger und anstrengender ist?Wissen wir nicht, irgendwie muss man sich entscheiden.
Kaum sitzen wir, wärmt uns die Sonne und verzieht sich wieder als wir aufbrechen – wir sind Glückskinder! Eine langgezogene Forststraße leitet uns über Wiesen mit blühenden Blumen Bergabwärts. Ein Steig folgt, der Genuss bleibt der gleiche. Ein paar Schafe und Ziegen sind zu sehen, Glocken von Kühen läuten. Ein weißer Hund beobachtet alles aus seinem „Nest“ heraus. Wir werden als „nicht gefährlich“ eingestuft, er bleibt ruhig liegen. Verfallene Häuser passiert und kurz vor dem Ort doch noch ein Regenschauer. Das Umziehen rentiert sich.
Durch verwinkelte Gassen gewandert, kurz mal gefragt, zum Friedhof, stimmt nicht, zurück, noch mal gefragt und dann gefunden.
Der Empfang im Trattoria etwas frostig, haben wohl viel zu tun. Auf verwinkelten Treppen ins Zimmer, gegenüber „wohnen“ junge Deutsche, mit denen kamen wir aber nicht ins Gespräch.